LWB Luxemburger Wörterbuch
 
Kenner bis Këschteblumm (Bd. 2, Sp. 335b bis 338b)
 
Kenner M.: «Kenner» (wie hd.) — dat as eppes fir K.; dazu die Zussetz. der Hochspr.: Kenner-a N., -bléck M., -min F.
 
Kënnerches- -dag M.: «Fest der unschuldigen Kinder» (28. Dezember); -maart M.: «Gesindemarkt» — eigentümlicher Brauch im Luxemburgischen und im Eifelgebiet, belegt in Arlon, Clerf, Diekirch, Hosingen und Luxemburg; Knechte und Mägde, die zum Stiefesdag (s. d.), dem gängigen Gesindetermin in unseren Gegenden (cf. Josef MULLER, in Kulturstr. u. Kulturprov. in den Rheinlanden, Bonn 1926, S. 193 ff.) ihren Abschied genommen haben, bieten sich am 28. Dezember (so wenigstens in Luxemburg und Diekirch) einem neuen Dienstherrn auf dem Kënnerchesmaart an; als Kennzeichen ihrer Dienstwilligkeit banden sie sich in Clerf ein Strohseil um den Arm; cf. HESS, Vk. S. 208; -zocker M.: «Zuckerplätzchen, die bei einer Kindtaufe (s. Kanddaf) ausgeteilt werden» — dafür auch: Këndcheszocker (s. d.).
 
Kennes N.: «Kenntnis» — nicht zu hd. «Kenntnis», sondern Ableitung vom Infinitiv kennen (s. d.) mit Genitiv-s (cf. darüber Walther MITZKA, Die deutschen Mundarten, 1944, 141) — Ga. überliefert die Ra.: ech hu guer kee K. dovun (geschrieben: ech hoi/ goir kee/ Kennes dovoin) — säi K. as nët vu wäit hier (cf. auch: Kenntnës) — dann huel all däi K. zesummen, elo gëlt et!
 
kenneswäert Adj.: «kennes-, wissenswert» — dat as k. (= gutt ze wëssen) — kenns de mech nët? ech sin dach k.!
 
kënnesch Adj.: «kindisch» (Wb 06) — in Echt. eher: «launisch» (nicht als dauernde Eigenschaft — C.) cf. [Bd. 2, S. 336] verkannt, verkënnt I/S. 337, kënterlech und kannereg.
 
Kënni (Kinni) N.: kinderspr. Deminutiv zu Kand (s. d. — und Këndchen); im bes.: 1) «jüngstes von mehreren Geschwistern» (vor allem Mädchen) — eist Kënni as nët doheem — Schosselesch Kënni — später gelegtl. Kënn genannt (auch noch in fortgeschrittenem Alter); 2) Kosewort: «Liebstes, Liebling» (zu Mädchen, auch erwachsenen); 3) spaßh.: «Mädchen, mit dem man schäkert, leichtfertige Bekanntschaft» — e war bei d'Kënniën — en huet an all Duerf e Kënni sëtzen.
 
Kenntnës F.: «Kenntnis» — cf. auch: Kennschaaft F., Kennes N. — eng bléid K. (eine dumme, unnütze Wissenschaft) — séng Kenntnësser sin nët déck.
 
kënscht(er)lech Adj.: «künstlich» — in seiner Idiomatik weitgehend von der Hochsprache bestimmt: e kënschtlecht Gebëss, eng k. Broscht (in dieser Bed. häufiger falsch sub 1, I/S. 300) — mit der Modernisierung von Ackerbau und Viehzucht (cf. etwa «künstl. Besamungsstation», Waldhof bei Luxemburg) häufig neben hd. künstlich, Kunst- in der neueren Bauernsprache — für Kunstdünger hört man gelegtl. kënschtlech Mëscht — auch adverbial: reeg dech nët k. op.
 
Kënschtler M.: 1) «Künstler»; 2) iron.: «unfähiger Arbeiter, Luftikus» — dee K. huet eis nach bei der Aarbecht gefeelt — cf. auch: Artist (I/36).
 
kënterlech Adj.: 1) «albern» (Wb. 06 — dort wird das Wort als «kinderlich» verstanden); 2) Echt. (C.): «launisch, wunderlich, grillenhaft» — älter dafür auch: quënterlech — cf. das Subst. Kuent M. und Quënt, Quänt F. «Laune» (Rhein. Wb. VI/1289: Quänt, quänterig) — cf. im übrigen: kannereg, kënnesch — dazu die Abl.: Kënterlechkät, -keet F.
 
Kënzeg ON.: «Küntzig, frz. Clémency» — am Orte selbst: Kéinzeg, Kéinzeg — Gem. Küntzig, Kant. Capellen — 394; Spottname der Ortsansäßigen: Kënzeger Fräschefänkerten (als vor einem halben Jh. die in Küntzig aufgekommenen Eisenerzgrabungen total aufhörten, suchten die Einwohner einen Nebenverdienst im Froschfang, der sich für manche Familien zu einem regelrechten Gewerbe entwickelte); seit kurzem: Kënzeger Fräschefest (Anfang Juni).
 
Kepi (wie frz. képi) M.: «(französische) Soldatenmütze» — cf. Kap, Käppi.
 
Këpp (Ostrand um Echt.: Keep) M.: 1) «Zipfel, Ecke, Ende» — pass op, du schleefs e K. vun déngem Mantel iwwert de Buedem — fréier hun d'Leit e K. an hir Käertche gemat (einen Winkel ihrer Visitenkarte, meist rechts oben, umgebogen), dat huet geheescht, datt se selwer d'Visite gemat hun oder mat der Läich gaang sin (cf. Kaart sub 3) — en huet e K. vum Läpp eraushänken (in dieser Bed. bisw. auch Zëpp); 2) «kleineres, viereckiges, zum Dreieck gefaltetes Umschlagtuch der Frauen» (gewöhnl. aus schwarzer Seide, oder aus Wolle gestrickt) — op de K. gefaalt (zum Dreieck gefaltet); 3) «Bettlaken» in der Ra.: fänks de schon un um K. ze zéien (zu jem., der gähnt); 4) «kleines Stück Land, Ackerzipfel» — si hun hiirt Liewe laang fir deen aarmséilege K. Land gestridden — in dieser Bed. gerne auch das Dim. Këppelchen: déi puer Këppelcher (Këppercher) Land, déi en nach huet — das Pl. lautet meist Këpp, in der Bed. 3 häufig auch Këpper, Këppen.
 
Këppchen I (Pl. Këppercher) F.: Dim. zu Kopp (s. d.) — im bes.: 1) «Zündhütchen» — dafür auch: Hittchen (s. d. sub 2 II/S. 164), Pistang (cf. auch: Ammoss I/23); 2) «kleine Anhöhe, runder Hügel» — häufig in Ortsbezeichnungen, in Verbindung mit einem Ortsnamen, etwa: Wuermeldénger Këppchen (vorzügliche Weinlage bei Wormeldingen) — auch in Verb. mit anderen Bestimmungswörtern, etwa: Hedekëppchen (bei Verlorenkost-Stadtlux.), Routkëppchen (Minettelager bei Differdingen) — zu dieser Bed. die adjektivische Abl.: Këppches (scil. -wäin) «Wein von der Anhöhe, aus der besseren Lage»; 3) «Wölbung» in der Ra.: de Schnaps (oder sonst eine Flüssigkeit) mécht eng K. (das Glas ist randvoll und der Inhalt erscheint zur Mitte zu etwas gewölbt); 4) «das spitzere Ende der Eierschale»; 5) «Endstück am Brotlaib» — meist dafür Bootsch (I/132); 6) «gerundete Spitze an verschiedenen Körperteilen» — etwa: a) «Fingerkuppe»; b) «Glans penis»; c) «Brustwarze».
 
Këppchen II F.: 1) «Obertasse ohne Griff» (zu frz. coupe) — cf. auch: Jatte, Jhatt II/S. 225; hierher gehört das Dim. Äächelkëppchen (s. d. I/51); 2) Vianden: «Untertasse».
 
Këpp(el)chen III M.: Dim. zu Këpp (vor allem sub 3), s. d.). [Bd. 2, S. 337]
 
Këppelchen F.: Dim. zu Koppel F. (s. d.) «Pärchen» (bes. von Kindern oder jungen Menschen) — si hun eng K. (sie haben einen Sohn und eine Tochter) — ähnlich: mir spueren nach fir eng K. (wir möchten zu unserem ersten Kind noch ein zweites von anderem Geschlecht) — 't ware vill Këppelcher um Bal (es waren viele Pärchen auf dem Ball) — oft gönnerhaft, bewundernd, zärtlich: eng schéi (léif, jong) K.
 
këppen trans. Verb.: 1) «mühsam hacken, mit Hieben bearbeiten, stückweise abhauen» — e këppt Leën (Schieferplatten) an der Kaul —in dieser Bed. auch absolut: «mühsam arbeiten» — kritt das Gekëpps da bal en Enn? 2) bes.: «(an Pflanzen, Sträuchern, Bäumen) die Spitzen abhauen» — hënt huet een eis Bemercher all gekëppt — auch übtr.: ech mengen, ech muss der déi laang Hoër emol k. (die Haare stutzen; zurechtweisen); 3) «leicht anstoßen» — et brauch een en nëmmen ze k. da läit en do — cf. aber auch: käppen.
 
Këppenhaff ON.: «Kippenhof» — Gem. Bastendorf, Kant. Diekirch.
 
Këppert I M.: «männlicher Lachs» — Die allg. Bezeichnung für «Salmo salar» ist Salem (s. d.); Alphonse de la Fontaine nennt den männlichen Lachs in seinem 1873 erschienenen Fischkatalog Këppert in offenbarer Anlehnung an die engl. Bez. «kipper» (u. a. Räucherhering), wie er auch für den jungen Lachs die engl. Namen Parr und Smolt als luxemburgisch gelten läßt, obwohl sie nirgends zu belegen sind: dafür gilt (auch schon in Wb. 06) Kinneksforell (s. d.); neben Këppert vermerkt Wb. 06 auch Krëppert, welches heute die allgemeingültige Bezeichnung in Fischerkreisen ist. — Bd. I/S. 400 ist der Name des weiblichen Salmo salar, For F. nachzutragen.
 
Këppert II M.: «Steinbrucharbeiter, Steinhauer» (vor allem der Schiefergrube) — d'Këpperten aus der Kaul — dazu die häufigere Zussetz.: Lä-, Leekëppert (s. d.).
 
kër- häufige Vorsilbe in Fluch- und Kraftwörtern (entsprechend dem frz. «cré-» = «sacré»; entsprechend in allen Fällen auch kree-, kri-), etwa in: kërmaténg, kërnondikass, kërnonzéngpies, kërtjëft, kërtjëbel, kërtjippel, kërdji, kërdjëss (vgl. auch Hacker-, Zacker-).
 
Kërett, Kerett, Kirett (Ton: 1 — frz. «curette») F.: «Bohrkrätzer» — dafür auch: Minekrazer(t).
 
Kerjhee-, -jhi, Kirjhi, -si (engl. kersey) M.: «grober Wollstoff» (urspr. nach dem engl. Ort Kersey/Suffolk benannter halbtuchartiger, geköperter, stark gewalkter Flanell, der weiß und gefärbt, in sehr verschiedener Feinheit wie das feine Tuch zugerichtet und bearbeitet wurde und bei dem der Köper durch den dazu genommenen starken Einschlag bedeckt wurde; heute bei uns veraltet).
 
Kermes (bisw. Käermes) M. (N.): «früher von den Färbern gebrauchter roter Farbstoff» (der aus den getrockneten Weibchen der Kermesschildlaus «Coccus ilicis» oder aus der weiblichen Larve «Dactylopius coccus» gewonnen wird — Karminsäure) — volksetymologisch lok. mit Kiirmes (das auch «grelle, schlecht aufeinander abgepaßte Farben» bezeichnet) zusammengebracht; cf. Kiirmes.
 
Kesau M.: «mit den Schuhabsätzen beim Sauspill durch Pressen und Drehen (auch unter Zuhilfenahme eines Stabes — s. Hiw(w)o II/S. 164) in den Boden gemachtes Loch» — sonst dafür auch Kessel (s. d.); cf. Sau.
 
Këscht (Nordosthälfte Këst) F.: 1) «Kiste, Schachtel, Kasten» (klein oder groß, meist aus Holz oder Pappe, im Gegs. zur kleinen blechernen Dous — s. d. I/219 — große Dimensionen verlangen immer die Bez. Këscht: eng bleche Këscht) —gilt im Handel oft zur Maßangabe: eng K. Fixfeier (in dieser Verb. auch Lued), eng K. Zigaren — Konserven werden eher in Béchsen (s. I/95) gekauft: eng Béchs Ierbëssen, Bounen, kondenséiert Mëllech usw., gelegtl. aber auch in dieser Bed. Këscht — im Großhandel geht Rede von: eng K. Béier (eine Kiste Flaschenbier), eng K. Eër (eine Kiste Eier) — eine (nach Öffnung unbrauchbare) Pappverpackung heißt dagegen eher Pak: e Pak Zocker, e Pak Käerzen, sonst: eng eidel Këscht (etwa: Schongkëscht) — Handwerker, die auswärts arbeiten, tragen ihr Werkzeug in einer K. mit sich (etwa Blechschléieschkëscht, Houfkëscht des Hufschmiedes) — im Haushalt werden die Vorräte in einer Këscht aufbewahrt, etwa: d'Holz-, Kuele-, Grompere-, Miel-, Zockerkëscht — der Hafer für den täglichen Gebrauch wird in einer K. (Huewerkëscht) über dem Pferdestall aufbewahrt — der Müll wird in einer K. (s. Dreckskëscht) gesammelt [Bd. 2, S. 338]Kartoffeln und Obst werden in Këschten verkauft, die daher als Mengenmaß gelten: ech kafen nach eng K. Äppel — früher trugen die Schüler ihre Bücher in der Schoulkëscht, sie diente im Winter als Schlitten; 2) im besonderen: a) «behördlicher Anschlagkasten» (bes. am Gemeindehaus) — si hänken an der K. (auch: am Reider — «sie stehen vor der Heirat», eigtl.: ihre Heiratsankündigung ist am Gemeindehaus angeschlagen) — daher zu einem eingefleischten Junggesellen gelegtl.: waart, mir kréien dech och nach an d'K.; b) = Bréifkëscht, -boîte (I/150) «öffentlicher oder privater Briefkasten»; 3) übtr. auf den menschl. Körper, in den Raa.: du kriss eng bei d'K. (= e Fouss hannebäi, bei den Aasch — also: «der Hintere») — en huet eng an der K. (er ist betrunken — also: «die Gurgel, der Wanst») — wat huet déi eng K.! (cf. Kasärestack); 4) übtr. auf Bauten: a) «Arrestlokal» — e sëtzt an der K. (das Wort hat eine reiche Synonymik, cf. etwa: Back, Dukas, Duckel(i), Duckes, Kaduck, Kaduckes usw.); b) «armseliges Haus, Hütte» — an där K. haus du? — cf. etwa das Komp.: Fléikëscht; c) «armseliges Zimmer» — d'sténkt an där K., maach emol eng Fënster op — ähnlich etwa das Komp.: Fuerzkëscht (dies auch wie 8, c); d) «schlechtes Wirtshaus, Freudenhaus» — en trëllt vun enger K. an déi aner — d'Police huet em d'K. zougemat — cf. auch: Bud (I/162 — sub 5), wofür auch das I/129 nachzutragende frz. Boîte und das Komp. Houerebud II/179; e) ganz allg. abfällig statt «Haus, Verwaltungsgebäude, Firma» (ähnlich Boîte und Bud); 5) «ein Brettspiel mit Würfeln» (im Hd. «Puff» oder «Tricktrack» genannt) — si hun de ganze Mëtteg K. gespillt — si maachen eng Partie K.; 6) Wb. 06: in Verbindung mit al «Frauenzimmer, alte Schachtel» — die heute geltende Synonymik ist sub al I/S. 17 «alte Frau» zusammengestellt — al Këscht ist meist ein altmodisches Gefährt, etwa ein Auto älterer Bauart (mit eckigen Formen) — cf. auch das Adj. këschteg; 7) in Verbindung mit sonndes, in der Ra.: et läit an der sondësser K. (auch als Komp. gebr.: Sonndeskëscht) «ein Kleidungsstück ist unordentlich, am unrechten Ort weggeräumt, abgelegt worden, liegen geblieben»; 8) je nach der Gesprächslage, an Stelle eines Kompositums in mannigfacher spezieller Bed. gebr., etwa: a) «plumpes Schuhwerk» — cf. Geiekëscht sub 2 (II/S. 47); b) «großer Fuß» — cf. Geiekëscht, Kéiskëscht; c) «Bett» — kleinere Haustiere (Katzen, Hunde) schlafen in der Honds-, Kazekëscht, von hier aus in den menschl. Bereich übtr.; d) «Sarg» — cf. Doudekëscht (neben -lued) I/S. 219 — verächtlich: elo läit en an der K. — si hun d'K. iwwert ëm zougemat — lee dech an déng K. (nicht nur «lege dich schlafen», sondern auch «laß dich begraben»); e) «Kastenförmiges» in mannigfacher Verwendung (viereckige Holzverkleidung, Sinkkasten beim Abfluß, wofür auch: Caisson). Es erhellt aus allen Belegen, daß sich das lux. Këscht nicht nur mit dem hd. «Kiste» sondern auch mit «Kasten» deckt; s. die Entsprechungen dieses Wortes sub Kaascht I, Kaaschten, Kasten.
 
këschteg Adj.: «wie eine Kiste geformt» — dat modernt Haus gefällt mer nët, et as zevill k.
 
Këschte(n)- -ä-, -ee N.: «in einer Kiste verpacktes und geliefertes Ei» (im Gegs. zum frëschen Ä, das direkt vom Bauern stammt) — d'Këschtenär si gutt fir an den Däg, fir eng Omelett brauch ee frësch Är — d'Këschtenär kommen aus der Belsch oder aus Holland; -blumm F. = Abrëllsblumm I/S. 12 (sub 1 und 2), auch: Këschtblumm;

 

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